Kunst

Das letzte Gebot
hieß tanzen

Münchens Pinakothek der Moderne feiert ihren 20. Geburtstag. Der Förderverein Pin  richtete aus diesem Anlass wieder einmal die beste Kunstparty der bayerischen Hauptstadt aus. Andere Erlebnisse konnten die Gäste ersteigern.

VON HOLGER CHRISTMANN
23. September 2022
Die Kunstwelt gibt eben doch die besten Partys: Kaum einer wollte stillstehen, als der wummernde Sound der Münchner Techno-Band Slatec die Rotunde der Pinakothek der Moderne durchdrang. Foto: Sammy Hart

Deutschlands Museen sind nicht mit üppigen Ankaufsetats gesegnet. Wenn sie neue Kunstwerke erwerben möchten, die sie nicht als Schenkungen erhalten, bewerben sich Museen bei Institutionen wie der Kulturstiftung der Länder und der Ernst-von-Siemens-Stiftung, oder sie wenden sich an ihre Fördervereine. Der Frankfurter Städel hat hierfür den Museumsverein, Berlins Nationalgalerie die Freunde der Nationalgalerie, das Kölner Museum Ludwig die Gesellschaft für Moderne Kunst. Hinter Münchens Pinakothek der Moderne steht seit 2002 der Förderkreis Pin.Freunde der Pinakothek der Moderne. Die inzwischen 900 Mitglieder haben dem Museum schon manches ermöglicht: 446 Ankäufe und fast 90 Ausstellungen. Für die eigenen Mitglieder organisiert Pin Führungen, Previews, Atelierbesuche, Künstlergespräche, Vorträge und Reisen. Kunstliebhaber unter 40 Jahren steht der Young Circle offen. 

Die Gastgeber des Abends, der Pin-Vorstand: v.l. Thomas Bachmaier, Sophie-Kathrin Kirchner, Stephanie Rechenberg, Dorothée Wahl, Annette Stadler, Katharina Freifrau von Perfall, Klaus Schneider. Foto: Sammy Hart

Dem ehrenamtlichen Vorstand von Pin gehören unter anderen die Kunstsammlerin und Textilunternehmerin Dorothée Wahl, die Kunsthistorikerin Katharina Freifrau von Perfall und der Software-Unternehmer Thomas Bachmaier an. Pin finanziert sich aus Mitgliederbeiträgen, Spenden und über Sponsoren. Einnahmen erzielt Pin vor allem durch die jährlich stattfindende Benefizauktion. Sie werden für Ankäufe, Vermittlungsprojekte und Ausstellungsförderung eingesetzt, wobei die Ausstellungsförderung den größten Posten darstellt.

Allianz vertieft
die Zusammenarbeit

Pin hat finanzstarke Partner. Seit 2013 ist die Allianz Förderer des Vereins. Der Konzern kündigte im September an, die Zusammenarbeit mit dem Förderkreis zu vertiefen. Das Ziel ist es, „Kinder schon früh an Kunst heranzuführen“. Bernd Heinemann, Geschäftsführer der Allianz Kunde und Markt, der unter anderem das Kunstsponsoring der Allianz in Deutschland verantwortet, sagt: „Ein Museum ist ein Ort, der Spaß macht und auch Kindern, Jugendlichen und Familien viel zu bieten hat. Das ist die Botschaft, die wir vermitteln wollen.“ Im September starten zwei neue gemeinsame Projekte. Die Workshops „LOOPIN.G“ in der Pinakothek der Moderne bieten Jugendlichen ab 13 Jahren die Möglichkeit, mit Film, Ton, Fotografie und anderen Techniken zu arbeiten. Die „Pop-up Kids Factory“ im Museum Brandhorst richtet sich mit einem wechselnden Kreativangebot an Kinder von 6 bis 12 Jahren. Pin kümmert sich aber auch darum, dass die Erwachsenen Spaß im Museum haben. Dazu gehören die jährlichen Pin-Partys. 

Stephanie Rechenberg (l). und Sophie-Kathrin Kirchner (r.), Leiterinnen des Pin Young Circle, mit Guido Redlich, Stiftungsrat der Stiftung Pinakothek der Moderne. Foto: Sammy Hart

Einmal im Jahr halten die Mäzene eine große Auktion mit hochkarätiger Kunst ab, deren Erlös der Pinakothek der Moderne und dem Museum Brandhorst zu Gute kommt. Die Auktion ist immer auch ein Society-Event, Eintrittskarten und Presse-Einladungen sind gefragt. So gefragt, dass der Autor dieser Zeilen in München einmal einen Nachbarn hatte, der die Visitenkarte des Autors besaß, diese am Presseschalter vorzeigte und sich so den Zugang zu der exklusiven Veranstaltung erschlich. Einer Mitarbeiterin eines Londoner Auktionshauses fiel jedoch die fehlende Ähnlichkeit des Mannes mit dem Autor auf. Sie kontaktierte mich noch am Abend, die Täuschung flog auf. Die Geschichte zeigt, wozu manche Menschen bereit sind, um an diesem exklusiven Fest teilzunehmen.

Bernhard Maaz (l.), Direktor der Pinakothek der Moderne, und Achim Hochdörfer, Direktor des Museums Brandhorst, genossen den Abend, der ihren Häusern zugute kam. Foto: Sammy Hart

2022 feiert die Pinakothek der Moderne ihren 20. Geburtstag. Das tut sie vor allem mit einer Neuaufstellung ihrer Sammlung, die jetzt statt auf chronologische Reihenfolge auf epochenübergreifendes Crossover setzt. Die 350 Werke von mehr als 150 Künstlern und Künstlerinnen – Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie und Videokunst – sind unter dem Ausstellungstitel Mix & Match bis Januar 2024 zu sehen.

Zum Dinner mit dem
Galeristen Thaddaeus Ropac

Es versteht sich, dass Pin das freudige Ereignis mit einer eigenen Party beging. AmVorabend der Wiesn-Eröffnung lud der Förderverein zu einer außerplanmäßigen Benefizauktion und einer rauschenden Partynacht in der Rotunde des von Stephan Braunfels gebauten Museums. Für den Eintritt mussten Mitglieder  300 Euro, Nichtmitglieder 400 Euro berappen. Young Circle-Mitglieder durften für 150 Euro rein. Während Sushi und Austern gereicht wurden, kamen auf der Bühne diesmal keine Kunstwerke unter den Hammer, sondern „Erlebnisse“. Eine private Lesung von Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, erzielte den Auktionspreis von 4000 Euro. Ein Grillabend im Garten Achim Hochdörfers, Direktor des Museum Brandhorst, war einem Bieter 5200 Euro wert, einen Atelierbesuch bei Wolfgang Tillmans erwarb ein Fan des Fotografen für 10 000 Euro. Andere sicherten sich für 3000 Euro eine Dinner-Einladung des Galeristen Thaddaeus Ropac in dessen Salzburger Schlösschen Emslieb zu Ehren des Künstlers Imi Knoebel, wieder andere ergatterten ein geselliges Abendessen für sechs Personen mit den Kunstsammlerinnen Sigrid Löscher-Lorenz und Dorothée Wahl. Für 9000 Euro ersteigerte ein Gast ein Shooting beim Porträtfotografen Sammy Hart, der auch die Fotos zu diesem Beitrag schoss.

Techno-Musik kombiniert mit echten Instrumenten: Die Münchner Band Slatec sorgte bis spät in die Nacht für fiebrige Party-Stimmung. Foto: Sammy Hart

Dann verwandelte die Münchner Techno-Band Slatec die Rotunde in eine fiebrige Partyzone. Slatec verbindet wummernde Trap- und Techno-Beats mit echtem Schlagzeug, E-Gitarre, sägenden Posaunenmelodien und Gesang und bringt diesen Sound mit viel Dynamik auf die Bühne: Die fünf Musiker attestieren sich mit Recht eine „aberwitzige Techno-Performance“. Die pochenden Vibes sorgten dafür, dass kaum jemand stillstehen konnte. Die Menge tanzte bis drei Uhr nachts. Den fünf Musikern war es zu verdanken, dass diese Pin-Party noch unvergesslicher war als frühere. 

Wenn der Freundeskreis Pin in die Rotunde der Münchner Pinakothek der Moderne einlädt, sorgt das immer für ein volles Haus. So war es auch auf der Party zum 20. Geburtstag des Museums. Foto: Sammy Hart

Das setzt die Maßstäbe für die nächste Pin-Auktion hoch, die am 19. November steigt. Pin-Sprecherin Nele Putz dämpft jedoch allzu hohe musikalische Erwartungen: „Der Fokus liegt dann auf der Kunst“, sagt sie. In einem dürfte die Kunst-Auktion die jüngste Party übertreffen: Erreichte der Auktionserlös der außerplanmäßigen Pin-Party 42 000 Euro, so dürfte die Kunst-Auktion in andere Sphären vorstoßen. 2020 kamen auf der Auktion zugunsten der Pinakothek der Moderne und des Museums Brandhorst drei Millionen Euro zusammen, 2021 waren es 3,4 Millionen.

© Holger Christmann