TAG Heuer
Uhr mit zwölf Facetten
TAG Heuer war lange bekannt für seine Motorsportchronographen. In den 1980er-Jahren kamen Taucheruhren hinzu. 2021 feiert die Marke ihre Wassersport-Ikone Aquaracer.
VON HOLGER CHRISTMANN
11. September 2021
Hier leuchtet das ganze Zifferblatt: TAG Heuer Aquaracer Professional 300 Night Diver. Foto: Geoff Coombs
Night Diver – der Name klingt nach einem neuen Marvel-Helden. Gemeint ist jedoch die jüngste Version der Taucheruhr Aquaracer Professional 300 von TAG Heuer. Ihr besonderes Merkmal ist es, dass man mit ihr in lichtlose Tiefen hinuntergleiten kann und dort immer noch die Uhrzeit und – mindestens ebenso wichtig – die Tauchzeit problemlos ablesen kann. Wer die aus dem Blick verliert, erreicht womöglich zu spät die Wasseroberfläche und droht, sich die Dekompressionskrankheit zuzuziehen. Die Aquaracer Night Diver wartet mit einer Spezialität auf, die ihre Ablesbarkeit im Finstern erleichtert. Bei ihr erstrahlen im Dunkeln dank einer Beschichtung mit Leuchtmasse nicht nur der Stundenzeiger und die Indizes für die Uhrzeiten drei, sechs, neun und zwölf Uhr blau. Auch das umgebende Zifferblatt leuchtet vollflächig, und zwar grün, damit sich die Zeiger gut vom Zifferblatt abheben. Bei Tag ist das Zifferblatt weiß getönt, das Gehäuse schimmert mattschwarz. Dafür sorgt die Oberflächenbeschichtung DLC (Diamond-Like Carbon), mit dem das Edelstahlgehäuse, die Lünette, die Krone, der Gehäuseboden und die Schließe verkleidet wurden. Ein neuer Lünetteneinsatz aus widerstandsfähiger schwarzer Keramik verstärkt den hochwertigen Eindruck.
Die Apnoe-Taucherin Julie Gautier gleitet mit der Aquaracer am Handgelenk in die Tiefe. Foto: Ben Thouard
Julie Gautier bereitet sich mental auf ihren Tauchgang vor. Foto: Ben Thouard
Die TAG Heuer Aquaracer Professional 300 Night Diver ist die jüngste Variante der Aquaracer Professional 300, die im Frühjahr auf der Genfer Online-Messe Watches and Wonders in mehreren Versionen vorgestellt wurde. Die Uhr mit der auffälligen zwölfeckigen Lünette und den markanten, ins Zifferblatt eingravierten waagerechten Linien erfüllt die sechs Merkmale, die TAG Heuer 1983 für jede ihrer Taucheruhren postulierte: die einseitig drehbare Lünette (damit nicht versehentlich die Tauchzeit falsch eingestellt und eingeschätzt wird), die verschraubte Krone, Wasserdichtigkeit bis mindestens 200 Meter, Leuchtmarkierungen, kratzfestes Glas und eine doppelte Sicherheitsschließe. Gleichzeitig nahm der Hersteller Materialverbesserungen vor. So integrierten TAG Heuers Techniker einen kratzfesten Keramikeinsatz in die gesamte Kollektion und riffelten jede der zwölf Facetten der Lünette, damit sie leichter zu greifen und zu drehen ist. Überarbeitet wurde auch das Zahnprofil der Lünette, so dass der Drehmechanismus glatter, leiser und einfacher einzustellen ist. Die Datumslupe bei sechs Uhr wurde auf die Unterseite des Glases verlegt, damit sie auch aus größeren Winkeln ablesbar ist. Auf der Gehäuserückseite feiert der Skaphander-Taucherhelm, der 2004 erstmals das Aquaracer-Gehäuse zierte, sein Comeback. Angetrieben wird die neue Aquaracer vom Kaliber 5 auf der Basis des Eta-Werks 2824-A2 oder des fast baugleichen Sellita SW 200.
In punkto Wasserdichtheit ist die neue Generation der Aquaracer auf 300 Meter Tiefe ausgelegt. Solche Angaben sind dennoch mit Vorsicht zu genießen, da sie den Druck in absolut ruhigem Wasser angeben, in der Tiefe aber immer Strömungen auftreten und auch durch heftige Bewegungen des Tauchers höherer Druck entsteht. Dennoch bietet die Aquaracer mit 30 Bar Druckfestigkeit (was 300 Metern Tiefe entspricht) einen hohen Sicherheitspuffer, da die wenigsten Taucher jemals dreistellige Tiefen erreichen.
TAG Heuer Aquaracer Night Diver (links, mit Kautschukarmband) und TAG Heuer Aquaracer (rechts, mit Edelstahlarmband). Fotos: TAG Heuer
TAG Heuer – bis 1985 unter dem Namen Heuer bekannt – verdankte seinen Ruf bis in die späten 1970er seinen Motorsport-Chronographen. Modelle wie Autavia, Carrera und Monaco – letztere zierte im Film Le Mans das Handgelenk von Steve McQueen – begeisterten Rennfahrer und Rennsport-Aficionados. 1979 lancierte Heuer mit der 1000er-Serie erstmals Unterwasser-Uhren. Die Anregung zu dieser Neuheit bekam Firmenchef Jack Heuer durch Gespräche mit Importeuren auf der Münchner Sportmesse Ispo, die unzufrieden waren mit der Wasserdichtheit importierter Sportuhren. Die 1000er-Serie besaß Quarzwerke, weil Heuer vermeiden wollte, dass die Krone überstrapaziert wurde und an dieser empfindlichen Stelle Wasser eindringen konnte. Die nachfolgende Serie 2000 Diver gab es dann in den 1980er Jahren auch schon mit mechanischem Automatikkaliber. Das Luxusmodell mit Chronographen-Kaliber war der Aquagraph. Mitte der 1980er Jahre gab es auch schon die ersten Night-Diver-Modelle mit leuchtendem Zifferblatt. Der James-Bond-Fan Dell Deaton will auf undeutlichen Filmaufnahmen erkannt haben, dass im Film The Living Daylights eine solche Night-Diver zum Einsatz kam. Ihren heutigen Namen Aquaracer erhielt TAG Heuers Taucher- und Wassersportkollektion 2004.
Die Aquaracer ist eine der beliebtesten Uhren der Schweizer Marke. Die TAG-Heuer-Fangemeinde wünscht sich allenfalls, dass der Hersteller, der einst mit dem Kaliber 11 Uhrengeschichte schrieb, für die Aquaracer eines Tages eigene Uhrwerke entwickelt. Die eingebauten Antriebsmotoren von Eta und Sellita gelten jedoch als leistungsstark und zuverlässig.
© Holger Christmann