Watches & Wonders
Highlights der Genfer Uhrenmesse
A. Lange & Söhne, Cartier, Rolex und Patek Philippe und andere illustre Marken demonstrierten auf der Genfer Uhrenmesse, wieviel Kreativität und Veredelungskunst auch 2022 in mechanischen Uhren steckt. Wir stellen unsere Highlights vor, die wir fast alle ans Handgelenk legten.
VON HOLGER CHRISTMANN
10. April 2022
Echte Menschen bestaunen die Projektion einer Uhr von TAG Heuer. Die Rückkehr des persönlichen Austauschs prägte die Genfer Uhrenmesse Watches and Wonders 2022. Foto: Watches & Wonders
Die Genfer Uhrenmesse Watches and Wonders fand 2022 erstmals wieder mit physischer Präsenz statt – eine Wohltat nach zwei Jahren rein virtueller Neuheiten-Präsentationen. Endlich konnte man wieder echte Uhren ans Handgelenk legen, echten (und großteils unmaskierten) Machern und Kollegen die Hand geben. Da außer den illustren Marken des ausrichtenden Richemont-Konzerns (u.a. Cartier, IWC, A. Lange & Söhne) jetzt auch Rolex, Tudor, Patek Philippe und andere ehemalige Baselworld-Aussteller im Genfer Palexpo ihre kolossalen Standlandschaften errichteten, waren auf der Watches & Wonders 2022 fast alle wichtigen Uhrenmarken vertreten. Wer nicht dabei war, sparte vordergründig Geld – die Kosten für die Teilnahme belaufen sich mitunter auf zweistellige Millionenbeträge – aber er verpasste auch die Rückkehr des persönlichen Austauschs, die gerade nach der Corona-Zeit von Marken, Einkäufern und Medien als besonders wertvoll empfunden wurde.
Welche Trends waren zu erkennen? Marken, deren Edelstahluhren zuletzt einen enormen Hype erlebten, wie Rolex und Patek Philippe, setzten ihren Weg hin zum Edelmetall fort. Materialien wie Keramik, Titan und Platin sind en vogue. Viel Kreativität fließt in originelle Zifferblätter. Ein Trend sind granulierte Zifferblätter. Sie waren bei A. Lange & Söhne, Patek Philippe und TAG Heuer zu sehen. Doch jede Marke setzt, wie immer, ihre eigenen Trends. Wir stellen unsere Favoriten vor.
Dezenteste Optimierung:
Große Lange 1
Gekörntes Zifferblatt, flacheres Gehäuse: Die neue Große Lange 1 von A. Lange & Söhne. Foto: Holger Christmann
Die Lange 1 stand 1994 für den Neuanfang der Glashütter Manufaktur. Mit ihrem einzigartigen Zifferblatt, auf dem die Anzeigen asymmetrisch angeordnet sind, wurde sie zur Ikone: Stunden und Minuten werden in einem großen Zifferblattfenster angezeigt, die Sekunde dreht in einem kleineren Hilfszifferblatt ihr Runden, ein weiterer Zeiger informiert in der ebenfalls Lange-typischen Begriffen Auf/Ab über die verbleibende Gangreserve. Zum Designcode der Uhr gehört außerdem das Lange-typische Großdatum. Neben der klassischen Lange 1 mit 38,5 Millimeter Gehäusedurchmesser gibt es seit 2004 die Große Lange 1 mit 41 Millimeter Durchmesser.
Diese Version für größere Handgelenke erhält 2022 eine dezente Optimierung. Die Uhr ist nun um 0,6 Millimeter flacher als die Vorgänger-Generation und damit nur noch 8,2 Millimeter hoch. Damit schmiegt sie sich noch einen Tick eleganter ans Handgelenk. Neu ist auch das gekörnte Hauptzifferblatt, das sich von den glatten Hilfszifferblättern abhebt. Sanft angeschrägte Fasen sorgen für harmonische Übergänge von den Hilfszifferblättern zum Hauptzifferblatt, von dem sich die römischen Ziffern und die rautenförmigen Indizes aus Weiß- oder Rotgold kontrastreich abheben. Die Variante in Weißgold ist mit einem schwarzen, das Modell in Rotgold mit einem rotbraunen Lederband versehen.
Auch die neue Große Lange 1 wird vom Handaufzugskaliber L095.1 angetriben. Anders als in der Lange 1 besitzt es kein Doppelfederhaus mit übereinanderliegenden Aufzugsfedern, sondern nur ein einziges Federhaus. Dank ihres größeren Durchmessers erreicht aber auch die Große Lange 1 eine Gangautonomie von rund drei Tagen. Das durch den Saphirglasboden sichtbare Uhrwerk besteht aus 397 Teilen, die auch dort aufwendig von Hand veredelt sind, wo sie gar nicht zu sehen sind, weil sie von der mit Glashütter Bandschliff verzierten Dreiviertelplatine (noch so ein Design-Merkmal von A. Lange & Söhne) aus naturbelassenem Neusilber verdeckt sind.
Der flachere Look verleiht der Großen Lange 1 ein Extra an Eleganz, durch das gekörnte Zifferblatt gewinnt sie einen zusätzlichen optischen Reiz.
Meist diskutierte Neuheit: Rolex Oyster Perpetual GMT-Master II „Sprite“
Jetzt mit der Krone auf der linken Gehäuseseite: Rolex Oyster Perpetual GMT-Master II in Grün und Schwarz. Foto: Holger Christmann
Jedes Jahr fiebern Uhrenliebhaber den Rolex-Neuheiten entgegen, Experten geben schon Wochen vorher Prognosen ab, was zu erwarten ist. Doch der Genfer Marke mit der Krone gelang es noch jedes Mal, die Fangemeinde zu überraschen. Auf der Watches & Wonders 2022 war die neue Version der Oyster Perpetual GMT-Master II mit Bicolor-Cerachrom-Lünette in Grün und Schwarz die meistdiskutierte Uhr. Der Grund: Ihre Krone ist in der linken Gehäuseseite eingebaut. Damit eignet sie sich perfekt für Linkshänder. Deren Anteil an der Bevölkerung liegt jedoch nur bei zehn Prozent. Für Linkshänder ist die Uhr offiziell nicht speziell gedacht. Sie wendet sich auch an Menschen, die ihre Uhr gerne am rechten Handgelenk tragen, selbst wenn sie Rechtshänder sind. Davon gibt es offenbar mehr als angenommen.
Technisch bewerkstelligte Rolex den Umbau, indem die Ingenieure das Uhrwerk um 180 Grad drehten und eine neue Datumsanzeige entwarfen. Angetrieben wird die Uhr vom Kaliber 3285 mit seiner besonders effizienten Chronergy-Hemmung, der Rolex-eigenen amagnetischen Parachrom-Spirale und siebzig Stunden Gangreserve. Die Neuheit dürfte nahtlos an den Hype um frühere zweifarbige GMT-Masters II anknüpfen. Die erste GMT-Master, die Referenz 6542, lancierte Rolex 1955. Sie war eine Reaktion auf die rasant wachsende zivile Luftfahrt. Der Erfolg der Zeitzonen-Uhr ließ sich daran ablesen, dass sie 1964 in einem James-Bond-Film zu sehen war. Honor Blackman trug sie in der Rolle der Pussy Galore in „Goldfinger“. 1982 stellten die Genfer die GMT-Master II vor, deren Automatikwerk erlaubte, den Stundenzeiger unabhängig von den anderen Zeigern zu verstellen – was beim Reisen in ein andere Zeitzone Zeit spart.
2018 verursachte der Launch der Zeitzonen-Uhr mit zweifarbiger Cerachrom-Lünette in Blau und Rot („Pepsi“) und dem neuen Kaliber 3285 eine „Pepsi“-Mania. 2019 folgte die nicht minder erfolgreiche blau-schwarze „Batman“ (die Beinamen vergibt die Fangemeinde, nicht Rolex selbst). Auch die neue GMT-Master II in den Lünetten-Farben Grün und Schwarz (Für Kenner: Der Grünton ist der Gleiche wie auf der Rolex Submariner von 2020) hat bereits ihren Spitzmarken weg: „Sprite“ oder, wie Spitzfindige meinen: „Starbucks“.
Der unterschätzte Klassiker: Rolex Oyster Perpetual Air-King
Leichter als vorher und an mehreren neuen Details zu erkennen: die neue Rolex Air-King. Foto: Rolex
Die Air-King ist einer dieser Rolex-Klassiker, die zu Unrecht im Schatten von Submariner, GMT-Master II und Daytona stehen. Wie der Name sagt, wendet sich die Uhr an Könige der Lüfte. Bei Piloten waren Rolex-Oyster-Uhren aufgrund ihrer Robustheit und exzellenten Ablesbarkeit schon in den 1930er-Jahren gefragt. 1945 wurde die Air-King lanciert. 2016 ließ Rolex die Linie im muskulös-sportlichen Look wieder aufleben. Im Innern tickte seither das Kaliber 3131 – das Uhrwerk mit amagnetischer Ummantelung, das auch die Rolex Milgauss antreibt. 2022 nun erleichtert Rolex die Air-King um diesen Schild. Damit wird die Air-King um fühlbare zehn Gramm leichter.
Der Grund für den Verzicht auf den Antimagnet-Mantel: Das neue, 2020 vorgestellte Kaliber 3230, das nun die Oyster Professional Air-King antreibt, bietet genug Schutz vor Magnetfeldern im Alltag: durch die hauseigene Parachrom-Spirale und eine Chronergy-Hemmung mit Anker und Hemmungsrad aus einer Nickel-Phosphor-Legierung, deren Wirkungsgrad 15 Prozent über dem der Vorgänger-Hemmung liegt. Die zusätzliche Abschirmung bleibt der Milgauss vorbehalten, die seit jeher für technische und wissenschaftliche Extremeinsätze im Umkreis starker Magnetfelder entworfen wurde. Die neue Air-King ist zudem mit Kronenschutz und Twinlock-Krone ausgestattet.
Optisch ist sie an einer kleinen Veränderung zu erkennen: Der Minute 5 wurde aus Gründen der Zifferblatt-Symmetrie eine 0 vorangestellt. Der Preisunterschied zwischen der alten und der technisch weiterentwickelten Air-King beträgt übrigens nur 150 Euro – wenig Geld für soviel Aktualisierung.
Bestes Preis-Qualitäts-Verhältnis (1): Tudor Black Bay Pro
Kraftpaket in 39 Millimetern Durchmesser: Tudor Black Bay Pro. Foto: Holger Christmann
Tudor hat sich in den letzten Jahren als starke eigene Marke etabliert. Der Kenner weiß: Tudor verbindet den kompromisslosen technischen Qualitätsanspruch der Muttergesellschaft Rolex mit kaum betriebsrelevanten Einsparungen in der Materialauswahl. So bestehen Rolex-Edelstahlgehäuse aus der besonders kratzfesten Oystersteel-Legierung, während Tudor auf verbreiteteren Edelstahl der Sorte 316L zurückgreift. Rolex-Lünetten sind aus eigener Cerachrom-Keramik gefertigt, die von Tudor aus Aluminium oder Edelstahl. Wo Rolex Indizes aus Gold einsetzt, sind die von Tudor aus Messing. Ansonsten lebt auch Tudor das Credo, zuverlässige Uhren so zu bauen, dass After-Sale-Probleme gar nicht erst auftreten. 2022 lanciert Tudor ein völlig neues Modell: die Black Bay Pro. Sie kommt mit GMT-Funktion und erinnert vage an die Rolex Explorer II. Sie strahlt Robustheit aus und lässt die Tradition von Tudors Tool Watches aufleben. In den 1950er Jahren stattete Rolex-Gründer Hans Wilsdorf Polarexpeditionen mit Tudor-Uhren wie der Oyster Prince aus, um deren Belastbakeit zu demonstrieren. Die Black Bay Pro ist bis 200 Meter Tiefe wasserdicht, übertrifft an Ganggenauigkeit die COSC-Vorgaben und ist mit Tudors Manufakturwerk Kaliber MT5652 ausgerüstet, das mit amagnetischer Siliziumfeder bestückt ist und auf eine Gangreserve von 70 Stunden kommt. Die Black Bay Pro ist mit ihren 39 Millimetern Durchmesser ein kleines Kraftpaket. Sie hat hübsche optische Details wie den gelben Zeiger für die Referenzzeit und die Tudor-typischen Snowflake-Zeiger. Zur Auswahl stehen ein Hybridarmband aus Kautschuk und Leder oder vernietetes Armband in Edelstahl 316L mit TUDOR „T-fit“- Schließe und Schnellverstellsystem. Tudor verwendete 2010 als erste Luxusmarke hochrobuste Textilbänder der Traditionsmanufaktur Julien Faure bei St.-Etienne. Für mich sind sie die erste Wahl an einer Tudor-Uhr.
Bestes Preis-Qualitäts-Verhältnis (2): Tudor Black Bay Chrono S&G
Edelstahl trifft Gold: Tudor Black Bay Chrono S&G. Foto: Holger Christmann
Einen flashigen Kontrast zur neuen Black Bay Pro stellt der Black Bay Chrono S&G dar. Der Black Bay Chrono knüpft an die Tudor-Oysterdate-Chronographen der 1970er-Jahre an. S&G steht dabei für die Kombination aus Edelstahl und Gold. Angetrieben wird die Uhr vom relativ neuen Manufakturwerk MT5813, das in Zusammenarbeit mit Breitling entstand. Tudor ergänzte das Breitling-Kaliber 01 mit einem eigenen hochpräzisen Regulierorgan und veredelte dessen Oberflächen.
Nonplusultra an Eleganz: Cartier Santos Dumont
Cartier Santos Dumont in Bordeauxrot und Platin. Foto: Holger Christmann
Cartier bietet das Kontrastprogram zu den vielen Uhren, die durch Outdoor-Qualitäten bestechen. Jahr für Jahr beweist die Pariser Jahrhundertmarke, dass nicht alle Zeitmesser von Polarforschern und für den Aufstieg ins Himalaya gedacht sein müssen. Mindestens so erstrebenswert sind Eleganz und Finesse des Designs. Diese Maxime beherzigte Louis Cartier schon, als er für einen exzentrischen Freund, den Flugpionier Alberto Santos-Dumont, die erste Fliegeruhr der Welt kreierte: die nach diesem benannte Santos de Cartier. Sie war 1904 nicht nur die erste Armbanduhr für Männer (was den Innovationsgeist von Cartier belegt). Sie ist auch bis heute eine Design-Ikone. Die Pioniertat lebt bis heute in zwei Versionen fort: in der Santos de Cartier und in streng limitierten Editionen namens Santos-Dumont. Worin besteht der Unterschied?
Die Santos wirkt breiter und sportlicher, sie besitzt eine siebeneckige, mutternförmige Krone mit Kronenschutz. In ihr sitzt versteckt ein Edelstein. Die limitierte Santos-Dumont ist geradliniger und schmaler gestaltet, der Edelstein-Cabochon ragt deutlich sichtbar aus einer Perlenkrone hervor. Die Santos-Dumont ist dem Ursprungsmodell ähnlicher, und die limitierten Editionen bestechen durch edle Materialien.
Cartier Santos Dumont in Beige und Gold. Foto: Cartier
Auf der Watches and Wonders 2022 stellte Cartier nun drei Versionen des Klassikers vor: in Beige und Gold, Schwarz und Stahl sowie Bordeaux und Platin. Die Zifferblätter sind von einem feinen, lichtdurchlässigen Lack überzogen, der Glanz und Tiefe verleiht. Dazu passen die Perlenkrone mit einem Rubin im Cabochonschliff und das Armband aus Alligatorleder. Ein echtes Schmuckstück, das die Blicke auf sich zieht. Im Innern tickt das ultrafeine Handaufzugskaliber 430 MC mit 38 Stunden Gangreserve (eine Abwandlung des berühmten Manufakturkalibers 430P von Piaget). Alles Versionen sind auf auf 150 Exemplare limitiert und nummeriert.
Extravaganteste Dress Watch: Cartier Privé Tank Chinoise
Den lackierten Fensterrahmen altchinesischer Palastarchitektur nachempfunden ist die Cartier Privé Tank Chinoise. Foto: Holger Christmann
Cartier war der bedeutendste Uhrendesigner des 20. Jahrhunderts – vielleicht noch vor dem Royal-Oak-Erfinder Gérald Genta. Ein Beispiel ist die Tank Chinoise von 1922. Sie war in einer Zeit, als das Art Déco fernöstliche Formen und Materialien wiederentdeckte, ein Tribut an die Architektur chinesischer Tempel. Die geometrische Form ihrer Säulengänge übersetzte Cartier in sich überlagernde horizontale und vertikale Seitenstege. 2022 feiert die Tank Chinoise ihren 100. Geburtstag. Dieses Jubiläum zelebriert Cartier mit drei ultraflachen, schlichten Versionen mit abgeschrägten horizontalen Seitenstegen in Roségold, Gelbgold und Platin sowie mit drei spektakulären skelettierten Versionen. Im Stil traditioneller chinesischer Fenster gestaltet, lässt das durchbrochene Zifferblatt den Blick auf die Zahnräder des Uhrwerks zu. Schwarzer und roter Lack auf den Stegen erinnern an chinesische Handwerkskunst. Das skelettierte Uhrwerk 9627 MC wurde von Cartier eigens für die Tank Chinoise entwickelt. Die skelettierten Versionen sind auf 100 bis 20 Stück (Version mit 161 Brillanten) limitiert. Prädikat: Weltkulturerbe.
Poetischstes Zifferblatt: Hermès Arceau Le Temps Voyageur
Hermès Arceau Le Temps Voyageur in Edelstahl mit 38 Millimeter Durchmesser. Foto: Joël von Allmen
Es gibt Uhren, die einen schon faszinieren, weil sie ein andere Philosophie der Zeit vertreten. Eine solche Uhr ist die Hermès Arceau, deren kaligraphisch elegante Ziffern sich neigen, als würden die Fliehkräfte der rasant dahineilenden Zeit sie verbiegen. Für das charakteristische Erscheinungsbild der Kollektion sorgte vor 44 Jahren Henri d’Origny, Designer der weltberühmten Hermès-Seidentücher.
2013 erlaubte der vom Genfer Ausnahme-Uhrmacher Jean-Marc Wiederrecht konzipierte Mechanismus des Modells Arceau Le Temps Suspendu, die Zeitmessung zu unterbrechen. Wiederrecht wollte uns mit der Uhr daran erinnern, dass wir in den schönsten Momenten die Zeit vergessen. Es folgten weitere Komplikationen.
Auf der Watches and Wonders 2022 präsentierte die Pariser Luxus- und Uhrenmarke mit der Arceau Le Temps Voyageur eine etwas andere Weltzeituhr. Das exklusiv für Hermès entwickelte Modul zeigt die 24 Zeitzonen in einer kreisförmigen Scheibe an. Ein beweglicher Satellit zeigt die Uhrzeit am markierten Reiseort an. Die Heimatzeit ist bei 12 Uhr abzulesen. Das Modul für den beweglichen Zähler und die Anzeige der Uhrzeit am Heimatort ist nur 4,4 Millimeter hoch und besteht aus 122 Komponenten. Das Modul ist in das mechanische Manufakturwerk Hermès H1837 mit automatischem Aufzug integriert.
Hermès Arceau Le Temps Voyageur in Platin und 41 Millimeter Durchmesser. Foto: Holger Christmann
Zur zauberhafte Wirkung der Uhr trägt das Zifferblatt mit einer Fantasiekarte bei, die Jérôme Colliard für das Hermès-Carré „Planisphère d’un monde équestre“ („Weltkarte einer Pferdewelt“) entworfen hat. Die Heimatzeit ist bei 12 Uhr abzulesen. Es gibt die Arceau Le temps voyageur in zwei Versionen: in Platin mit einem Durchmesser von 41 mm und einer Lünette aus Titan mit mattschwarzer DLC-Beschichtung und in Edelstahl mit einem Durchmesser von 38 mm. Dazu gibt es s Armbänder aus Alligatorleder oder Swift-Kalbsleder, die in den Ateliers von Hermès von Hand gefertigt werden.
Originellstes Gehäuse: IWC Pilot’s Watch Chronograph Top Gun Edition Lake Tahoe
Weiße Hightech-Keramik rahmt die IWC Pilot’s Watch Chronograph Top Gun Edition Lake Tahoe. Foto: Holger Christmann
Bei Keramik denkt mancher an Vasen und Teller. Technische Keramik ist dann gefragt, wenn es hart auf hart kommt. Nicht umsonst sind die Bremsscheiben eines Porsches aus Keramik. Ein Pionier in der Verwendung von High-Tech-Keramik ist IWC. Schon in den 1980er-Jahren steckten die Schaffhauser den Ewigen Kalender der Da Vinci in die gebrannten Gehäuse. Um der Keramik ihre jeweilige Farbe zu geben, wird Zirkonoxid mit weiteren metallischen Oxiden kombiniert. Die Rohstoffe und das Mischverhältnis sind dabei für jede Farbe anders. 2019 stellte IWC mit der Pilot’s Watch Chronograph Top Gun Edition „Mojave Desert“ eine Top-Gun-Modell aus sandfarbener Keramik vor. 2022 kommen neue Farben hinzu: waldgrün ( IWC Woodland) und weiß (IWC Lake Tahoe). Außerdem gibt es eine Variante der Pilot’s Watch in Ceratanium, einem von IWC entwickelten Material, das hart und kratzfest wie Keramik ist, aber auch leicht und robust wie Titan. Die Farben wurden von Pantone registriert. Die neuen Top-Gun-Chronographen werden von der IWC-Manufakturkaliber 69380 angetrieben.
Der sportlichste Zeitmesser: TAG Heuer Carrera x Porsche Limited Edition
Porsche Racinggelb ziert die TAG Heuer Carrera x Porsche Limited Edition. Foto: Holger Christmann
Im letzten Jahr gingen Porsche und TAG Heuer eine Partnerschaft ein. Die feiern die Frischvermählten jetzt mit einer Limited Edition des TAG Heuer Carrera Chronographen. Das Gehäuse ist mit diamantähnlichem Kohlenstoff (DLC) beschichtet. Skalen, Krone, Porsche-Schriftzug auf der Lünette, Superluminova und Armbandnähte leuchten im Porsche-Racinggelb, das Zifferblatt glänzt metallisch, und die Chronographen-Anzeigen sind körnig wie griffiger Asphalt. Für viel PS unter Haube sorgt das hauseigene Kaliber 02 mit Säulenrad, vertikaler Kupplung und 80 Stunden Gangreserve. Hübsches Detail: Die Schwungmasse erinnert an ein Porsche-Lenkrad.
Wiederentdeckung des Jahres: Baume & Mercier Riviera
Baume & Mercier Riviera. Foto: Holger Christmann
Die 1970er Jahre werden gern mit polygonalen Edelstahl-Ikonen wie der Royal Oak und der Patek Nautilus verbunden. Aber es gab noch eine verwandte Ikone, die nach dem Klassiker von Audemars Piguet und noch vor der Nautilus auf den Markt kam: die 1973 lancierte Riviera von Baume & Mercier. Sie ist zwölfeckig. David Chaumet, der neue CEO, entdeckte sie wieder – und bewies damit eine glückliches Händchen. Zum Charme der Uhr gehört das halbtransparente Zifferblatt mit Wellen und Bergen, wie sie an Frankreichs und Italiens Riviera bekanntlich aufeinandertreffen. Wer die Riviera als Dreiziger-Uhr kauft, sollte das Modell Riviera Baumatic wählen. Es ist mit dem hochgelobten Baumatic-Kaliber (BM13-1975A) ausgerüstet. Das Werk wurde vom Richemont-Konzern exklusiv für Baume & Mercier entwickelt und bietet eine Gangreserve von fünf Tagen. Dank der Verwendung von Silizium und anderen amagnetischen Materialien bietet sie Magnetfeldschutz bis zu 1500 Gauss.
Bester modernisierter Klassiker: Patek Philippe Calatrava
Das Zifferblatt ist jetzt granuliert, die bekannte Clous-de-Paris-Guillochierung wandert beim neuen Gehäuse der Calatrava von Patek Philippe auf die Gehäuseflanken. Foto: Patek Philippe
Patek Philippe überraschte auf der Messe mit einem völlig neuen Gehäuse für die Calatrava. Das Patek-typische Clous-de-Paris-Dekor wandert in der Ref. 5226G in Weißgold von der Lünette auf die Flanke des Gehäuses, das damit eine interessante Griffigkeit bekommt. Die Lünette tritt uns blank poliert entgegen. An die Stelle römischer Ziffern treten arabische, die Dauphinzeiger werden durch Seringue-Zeiger ersetzt. Sie verdanken ihren Namen der Ähnlichkeit mit einer Injektionsspritze. Besonders markant ist das neue, granulierte Zifferblatt im Vintage-Stil. Es wird von Cadrans Flückiger in Saint-Imier gefertigt, einem Zifferblatt-Spezialisten, der seit 2004 zu Patek Philippe gehört. Die körnige Struktur des Zifferblatts soll an die Gehäuse alter Fotoapparate erinnern. Die neue Calatrava ist eine Dresswatch füs 21. Jahrhundert – ohne die Tradition der Uhr zu verraten.
Bestes Retro-Design: Vacheron Constantin Historiques 222
Fast nahtlos gehen Armband und Gehäuse der Vacheron Constantin Historiques 222 in einander über. Foto: Holger Christmann
Zu meinen Highlights der Watches and Wonders gehört die Wiederauflage des Modells 222 von Vacheron Constantin. Das Original kam 1977 heraus, zum 222. Geburtstag der Manufaktur. Mit ihrem ultraflachen Design – das Werk war bloß 3,05 mm hoch, die Uhr selbst maß 7 Millimeter in der Höhe – und ihrem nahtlosen Bandanschluss (das Armband war mit dem Gehäuse verschraubt) wirkt sie wie ein Emblem der 70er Jahre. Sie erinnert an die Zeit, als Luxus unbeschwert genossen wurde, James Bond vom selbstironischen Roger Moore gespielt wurde und Autos wie der Ferrari 365 GTS/4 Daytona Spyder, der BMW M1 oder der Mazda RX-7 futuristisch angehaucht waren.
Den Look der Uhr entwarf der deutsche Designer Jörg Hysek. In der Historiques 222 arbeitet neueste Technik: Das Kaliber 2455/2 arbeitet mit einer Frequenz von 4 Hz (im Vergleich zu 2,75 Hz beim ursprünglichen Modell) und verfügt immerhin über 40 Stunden Gangreserve. Der Gehäuseboden ist offen. Zeiger und Indizes leuchten nachts limettengrün. Ansonsten bleibt das Revival dem Original getreu. „Automatic“ ist in der alten Typographie geschrieben. Die Lünette ist kanneliert wie in den 1970ern. In der Ecke unten rechts sitzt, wie gehabt, das Malteserkreuz-Emblem aus Weißgold. Das Gehäuse in 37 Millimeter-Durchmesser ist aus 18-karätigem 3N Gelbgold, das Zifferblatt goldfarben, das Armband besteht aus 18-karätigem 3N Gelbgold und ist vertikal satiniert.
© Holger Christmann