Bulgari

Glorreiche Sieben

Bulgari stellt zum siebten Mal einen Rekord-Zeitmesser vor: Die Octo Finissimo mit Ewigem Kalender ist die flachste Uhr in ihrer Disziplin. Technisch ist das erneut eine Glanzleistung. Die Octo-Finissimo-Linie besticht aber auch durch ihr hochelegantes Design.

VON HOLGER CHRISTMANN
5. August 2021
Wieder ein Weltrekord: Die ultraflache Octo Finissimo Perpetual Calendar, links erstmals in Platin mit Alligatorlederband, rechts in Titan mit satiniertem Titan-Armband. Foto: Bulgari

Seit 2014 stellte Bulgari mit der Octo-Finissimo-Serie sieben uhrmacherische Weltrekorde auf: darunter waren die weltweit flachste Uhr mit fliegendem Tourbillon und der flachste Chronograph der Welt. Er wurde beim Grand Prix d’Horlogerie de Génève 2019 mit dem Preis für den besten Chronographen ausgezeichnet. Jetzt übertrifft das römische Juwelen-Imperium mit Schweizer Uhrenmanufaktur erneut alles Dagewesene: Mit der Octo Finissimo Perpetual Calendar lanciert es die flachste jemals gebaute Uhr mit Ewigem Kalender.

Die retrograde Datumsanzeige füllt die obere Hälfte des Zifferblatts aus. Retrograd heißt, das der Datumszeiger am Monatsende auf die Eins zurückspringt. Die Uhrzeit wird in Stunden und Minuten angezeigt. Foto: Bulgari

„I introduced her to beer, she introduced me to Bulgari.“ Mit diesem Satz beschrieb Richard Burton die Schwäche seiner Frau Elizabeth Taylor für die Geschmeide der römischen High-Jewellery-Schmiede. Würde Burton noch leben, er wäre heute wohl selbst ein Fan der Marke, die 1884 von Constantine Sotirios Boulgaris (1859 bis 1932) gegründet wurde und unter dem Namen Bulgari 1905 ihren ersten Flagship Store in der römischen Via dei Condotti eröffnete.

Ein Jahrhundert lang war Bulgari bekannt für seine Tiaras, Colliers und Ringe, die an gekrönten Häuptern und Hollywood-Stars zu sehen waren. Die berühmten Serpenti-Armbänder enthielten auch schon Uhren, die jedoch von Jaeger-LeCoultre, Vacheron Constantin und Audemars Piguet gefertigt wurden. Ab 1982 baute Bulgari im schweizerischen Neuchâtel eine eigene Uhrenfabrik auf. Im Jahr 2000 kauften die Römer die Rechte an der Marke des verstorbenen Uhrendesigners Gérald Genta. Der hatte in den 1970ern Pateks Nautilus und der Royal Oak von Audemars Piguet entworfen, und er hatte noch einen Entwurf in der Schublade: eine Uhr mit achteckiger Lünette, die Octo. Sie dreht das Formprinzip der Royal Oak um: Während deren Lünette außen achteckig und innen rund verläuft, verhält es sich bei der Octo genau umgekehrt. Ihre Lünette ist außen rund, innen verläuft das regelmäßige Achteck. Bulgari nennt als mögliche Vorbilder die oktogonalen Gewölbekassetten der römischen Maxentius-Basilika. Es lassen sich noch auffälligere Achtecke in der Weltarchitektur finden: von der Aachener Pfalzkapelle über die Kirche San Viale in Ravenna und die Baptisterien in Parma und Florenz bis zum Castel del Monte Friedrichs II..

Zum ersten Mal ist eine Octo Finissimo in ein Platingehäuse eingeschaltet. Das Edelmetall ist selten und besonders beständig. Foto: Bulgari

Bulgaris einstiger Uhrenchef Guido Terreni, Design-Direktor Fabrizio Buonamassa, Bulgari-Chef Jean-Christophe Babin und die Werke-Ingenieure in Neuchâtel brachten das Kunststück zustande, die Octo in die flachste mechanische Uhr der Welt zu verwandeln. Die Ergebnisse sind bekannt: 2014 stellte die Octo Finissimo Tourbillon mit Handaufzug den ersten von heute sieben Weltrekorden auf: Die Titanuhr war mit dem weltweit flachsten Uhrwerk mit fliegendem Tourbillon ausgestattet, dem Kaliber BVL 268 von nur 1,95 Millimeter Stärker. 2016 folgte mit dem Kaliber BVL 362 (3,12 Millimeter hoch) die flachste Minutenrepetition der Welt. Zu deren Raffinessen gehörten ausgeschnittene Zifferblatt-Anzeigen, die den Schall von der Rückseite des Uhrwerks durchließen und so die Lautstärke des Schlagwerks verstärkten. 2017 war die Octo Finissimo die dünnste ultraflache Automatikuhr, 2018 folgte die flachste Automatikuhr mit Tourbillon, 2019 der flachste Chronograph der Welt. 2020 folgte der flachste Chronograph mit Tourbillon. 2021 lanciert Bulgari nun mit der Octo Finissimo Perpetual Calendar die flachste jemals gebaute Uhr mit Ewigem Kalender.

Kaum zu glauben, aber wahr: Nur 2,75 Millimeter hoch ist das Automatikkaliber BVL 305 der Octo Finissimo Perpetual Calendar. Das Uhrwerk ist von Hand in Genfer Streifenschliff und Perlschliff veredelt. Gut zu sehen: Der seitlich angebrachte Mikrorotor. Der Verzicht auf einen großen Rotor trägt dazu bei, dass das Uhrwerk ultraflach ausfällt. Foto: Bulgari

Die Uhr misst in der Höhe 5,80 Millimeter, das eingebaute Automatikkaliber BVL 305 kommt auf nur 2,75 Millimeter. Interessant ist, durch welche technischen Kniffe Bulgari diese Rekorde im Segment der ultraflachen Uhren erzielt. Nur weil Bulgari fast jedes Teil selbst produziert, konnte die Manufaktur in Le Sentier im Schweizer Jura die Miniaturisierung ihrer Uhrwerke konsequent vorantreiben. Die 408 Komponenten der Octo Finissimo Perpetual Celander wurden dabei so eng wie möglich gesetzt, damit sie wie Puzzleteile perfekt ineinander passen. Hilfreich war der Einsatz eines platzsparenden Mikrorotors. Den Rekord für den flachsten Ewigen Kalender mit Standardrotor hält nach wie vor die 2018 vorgestellte Royal Oak Ewiger Kalender Ultraflach Automatik von Audemars Piguet.

Das Uhrwerk der Octo Finissimo hat offenbar einen so hohen Wirkungsgrad, dass die Uhr nach Vollaufzug 60 Stunden Gangreserve aufbaut, 20 Stunden mehr als der Ewige Kalender der Royal Oak. Der Veredelungsgrad ist trotz der extremen Miniaturisierung hoch. Die Platinen sind mit Genfer Streifen und Perlschliff dekoriert, die Kanten sind angliert.

Auf dem Zifferblatt dominieren die Kalenderanzeigen. Die obere Hälfte wird von der retrograden Datumsanzeige bestimmt. Ein retrogrades Datum zeigt die Länge des Monats an, indem sich der Datumszeiger in einem Bogen vom 1. bis zum 31. des Monats bewegt. Nach Ablauf des Monats entspannt sich die Feder und lässt den Datumszeiger auf die Eins zurückspringen. Die untere Hälfte des Zifferblatts teilen sich Monatsscheibe und Wochentagsanzeige. Bei sechs Uhr wird der „Tankfüllstand“ angezeigt, die Gangreserve. Dazwischen sind Stunde und Minute ablesbar.

Die Glorreichen Sieben: alle Weltrekorde der Octo-Finissimo-Familie in einer Reihe. Foto: Bulgari

Das Gehäuse der neuen Octo Finissimo hat 40 Millimeter Durchmesser und ist wie immer aus Titan gegossen und satiniert. Eine zweite Variante gibt es in Platin. Die Octo Finissimo Perpetual Calendar Titan kostet 60 000 Euro, die Octo Finissimo Perpetual Calendar Platin 90 000 Euro.

Es wird spannend sein, zu sehen, ob Bulgari nach sieben Weltrekorden noch weitere Spitzenleistungen im Bereich der ultraflachen Uhren anstrebt. Bulgaris Uhrenchef Antoine Pin kündigte auf der Messe Watches and Wonders an, dass Miniaturisierung auch in Zukunft für Bulgari ein Thema sein werde. Denn, so Pin, je kleiner das mechanische Uhrwerk, desto größer der kreative Spielraum. Davon, so Pin, könnten auch die Damenuhren von Bulgari profitieren.

Bei der Octo Finissimo schafft die Flachheit nicht nur Spielraum, sondern auch gewisse Zwänge. So musste für den Ewigen Kalender der Rotor angepasst werden, und der Zeiger der retrograden Datumsanzeige musste leichter ausfallen als ursprünglich geplant, um die filigrane Mechanik beim energischen Rücksprung des Zeigers auf den Monatsanfang nicht zu überlasten. Es spricht jedoch für Bulgari, dass ihre Fachleute auf dem Weg zur ultimativen, modernen Eleganz am Handgelenk keine Mühen scheuen. Und dabei Uhren hervorbringen, die leicht und geschmeidig am Handgelenk liegen.

International ist die Octo Finissimo schon lange ein Ausdruck italienischer Eleganz, gepaart mit Schweizer Uhren-Know-how. Es wäre wünschenswert, sie auch hierzulande öfter an männlichen und weiblichen Handgelenken zu sehen.

© Holger Christmann

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