Nomos Glashütte

Die deutsche Bahn

Die Autobahn ist ein deutsches Symbol. Nomos Glashütte benannte deshalb eine Uhr nach ihr. Mit drei neuen, limitierten Modellen besinnt sich die Marke nun auf die Zeiten, als sportliches Fahren noch Teil eines Lebensgefühls war.

VON HOLGER CHRISTMANN
8. Oktober 2021
Die Nomos Glashütte Autobahn erkennt man an ihrem Zifferblatt in Tellerform und dem einzigartigen breiten Bogen aus Stundenblöcken. Jetzt liegt die Uhr in neuen limitierten Versionen vor. Eine leuchtet in knalligem Orange. Foto: Nomos Glashütte

Zu den Symbolen, die alle Welt mit Deutschland verbindet, gehört die Autobahn. Sie wird als Ausnahme gesehen, wie sie sich eine Nation erlauben kann, die immer noch die besten Autos der Welt baut. Die Ausnahme besteht darin, dass es auf vielen Abschnitten der deutschen Autobahn kein Tempolimit gibt. Ausländische Besucher sind so fasziniert von der Freiheit, Vollgas zu geben, dass sie auf Videos festhalten, wie es sich anfühlt, schneller als Tempo 130 zu fahren oder die 200er-Marke zu knacken. Das bekannteste stammt vom Schauspieler Tom Hanks. Er beschrieb ironisch, wie sich durch die Beschleunigung seines Autos auf der Autobahn zwischen Berlin und Dresden durch die Fliehkräfte seine Gesichtshaut straffte. Die australische Influencerin Supercar-Blondie jauchzte auf einer Autobahnfahrt in Deutschland vor Glück und rief begeistert: „Pedal to the Metal“ (engl. für Vollgas). Ausdrücke wie Autobahn tested oder Autobahn proved sind in vielen Ländern Qualitätssiegel. Die Kunden dort sind überzeugt, dass ein BMW, Audi oder Porsche, dessen Fahrwerk, Bremsen und Assistenzysteme für das Tempo auf deutschen Autobahnen ausgelegt sind, an Fahrsicherheit nicht zu übertreffen ist. Die Deutschen selbst sehen in ihrer Autobahn ein Symbol der Freiheit. Allerdings müsste das viertgrößte Autobahnnetz der Welt heute wohl durchgehend vierspurig sein, um Platz für all seine Fans zu bieten. In den 1970er und 1980er Jahren wurde die Autobahn noch besungen, etwa 1974 von der Elektropop-Band Kraftwerk. Alle, auch die Deutschen, verstanden damals „Fun, Fun Fun auf der Autobahn“, obwohl die Band eigentlich vom „Fahren“ sang. 1985 trällerte ein Sänger der Neuen Deutschen Welle unbekümmert: „Ich geb Gas – Ich will Spaß“. Es war eine Zeit, als sportliches Fahren noch Teil eines unbeschwerten Lebensgefühls war.

Wie lange die deutsche Autobahn ihre Sonderstellung behält, ist ungewiss. Noch ist sie ein deutsches Wahrzeichen mit internationaler Strahlkraft. Daher war es 2018 eine clevere Idee der Marke Nomos Glashütte, eine Uhr nach der Autobahn zu benennen.

Hier kommt Freude am Fahren auf: Die A 95 Richtung Garmisch ist eine der schönsten Autobahnen Deutschlands und erlaubt fast durchgehend hohe Geschwindigkeiten. Foto: Ralph Hoppe/iStock

An eine Autobahn erinnert das Design der Uhr allerdings nur indirekt. Das liegt auch daran, dass Autobahnen im besten Fall geradeaus verlaufen, Uhren aber meist rund sind. Wer will, kann aber in den Rehauts des tellerförmigen Zifferblatts die geneigten Kurven einer Autobahn erkennen. In eine sanft geschwungene, tellerartige Mulde ist der Sekundenzähler eingebettet. Solche Vertiefungen geben dem Zifferblatt eine interessante Räumlichkeit.

A9, A3, A7 – die drei Versionen der Nomos Glashütte Autobahn Director’s Cut Limited Edition. Entworfen hat sie wieder der international bekannte Designer Werner Aisslinger. Foto: Nomos Glashütte

Auffälligstes Merkmal der Nomos Glashütte Autobahn ist jedoch ein breiter, in Stundenblöcke eingeteilter Bogen auf dem Zifferblatt, der mit etwas Phantasie an den Tacho und den Drehzahlmesser im Armaturenbrett erinnert. Der Minutenzeiger wiederum ähnelt mit seiner farbigen Spitze einer Tachonadel. Darin erschöpfen sich die Anklänge an des Deutschen liebstes Gefährt und an die Fahrbahn, auf der er am liebsten Gas gibt. Das Zifferblatt verleiht der Uhr etwas Plastisches, der farbige Streifen macht sie aus zwei Metern erkennbar – laut Nomos-Gründer Roland Schwertner die Distanz, aus der ein Zeitmesser identifizierbar sein sollte. Ansonsten bleibt die Edelstahluhr in Typografie und Reduziertheit den Designprinzipien des Hauses treu: Schnörkellosigkeit und Klarheit im Stil des deutschen Modernismus, aufgefrischt mit Pep und Eleganz.

„Die Autobahn ist
ein Archetyp
des Zeitmessens“

Die Power des Zeitmessers steckt unter der Haube. Dort arbeitet das nur 3,6 Millimeter hohe von Nomos selbst entwickelte Automatikwerk DUW 6101 mit patentiertem Nomos-Swing-System und Datumsring. Was die optische Veredelung angeht, stellt es mühelos jeden Automotor in den Schatten: So sind die Werkoberflächen rhodiniert und mit Glashütter Streifenschliff, Perlage und vergoldeten Gravuren versehen. Es wird, wie alle Nomos-Uhrwerke, an zwei Standorten in Glashütte hergestellt. Im Ortsteil Niederschlottwitz werden die Teile gefertigt, in der Chronometrie oberhalb des Bahnhofs von Glashütte findet die Endmontage statt.

In der blau-gelben Version der Nomos Autobahn, dem Modell A7, ist das Oberflächenrelief des Zifferblatts gut zu erkennen. Foto: Nomos Glashütte

Den Look der Nomos Autobahn entwarf der Berliner Produktdesigner Werner Aisslinger. Für den international bekannten Gestalter ist sie die ideale Uhr für unsere Zeit: „Sie zeigt Zeit und Datum an, ist nachtfähig und damit ein Archetyp, was die Informationen des Zeitmessens angeht, ohne zu viel zu wollen. Heute hat jeder ein iPhone in der Tasche. Eine Uhr muss nicht mehr zwanghaft alles beherbergen.“ So bekundete es der Designer Anfang Oktober beim jährlichen Forum der Uhrenmarke in Glashütte.

Einen „Archetyp des Zeitmessens“ nennt Werner Aisslinger die von ihm designte Autobahn. Zu der Ausführung der limitierten Edition inspirierten ihn Farbcodes der sechziger bis achtziger Jahre. Foto: Nomos Glashütte

Die Veranstaltung diente auch dazu, drei neue, limitierte Modelle der Autobahn vorzustellen: einen Director’s Cut der Autobahn. Hierfür frischte Aisslinger die Zifferblätter mit auffälligen Farben auf, die für das Standardmodell zu mutig gewesen wären, die aber für eine Sonderedition ungewöhnlich genug sind. Die drei neuen, nach Autobahnen benannten Versionen kommen in Weiß-Orangerot (A3), Blau-Gelb (A7) und Schwarz-Grau (A9) auf den Markt. Zu Weiß-Orange ließ sich der Gestalter durch Bordinstrumente der 1980er Jahre inspirieren. Bei Orange könnte man allerdings auch an die knalligen Warnwesten denken, die seit 2014 im Auto mitzuführen sind. Die blau-gelbe Version orientiert sich an Motorsport-Zeitmessern der 1960er- und 1970er Jahre. Die blaue Farbe bringt nach Auffassung des Designers das Oberflächenrelief der Autobahn besonders gut zur Geltung. Die schwarze Version ist Minimalismus pur. Sie würde gut zum Fahrer eines schwarzen Golf GTI passen, wie er Anfang der neunziger Jahre bei betuchten Studenten beliebt war. Vor dem Hintergrund des dunklen Zifferblatts kommen die extradicken Stundenblöcke mit ihrem türkisblauen Leuchteffekt im Dunkeln besonders gut zur Geltung. Gute Nachtablesbarkeit sollten alle drei Uhren bieten. Dafür sorgen Leuchtmittel auf Skalenbogen, Stundenzeiger und Minutenzeigerspitze.

Echte Autobahnen sind nur in Belgien hell erleuchtet. Auf der schwarzen Nomos Glashütte Autobahn Director’s Cut Limited Edition leuchten Stundenblöcke, Stundenzeiger und Minutenzeigerspitze im Dunkeln türkisblau. Foto: Nomos Glashütte

Motorsportfans werden die neuen, partiell perforierten Stahlarmbänder lieben. Sie erinnern an Sportlenkradspeichen und gelochte Racing-Armbänder. Ein solches habe er selbst als Jugendlicher besessen, bekannte Aisslinger. Wie die Standardausführung, so kosten auch die Sondermodelle der Autobahn 3800 Euro. Jede Version ist auf 175 Stück limitiert. Die Zahl verweist auf die Geburtsstunde der Uhrmacherei in Glashütte vor 175 Jahren.

Das Rennen um das neue Nomos-Autobahn-Trio ist eröffnet. Wer sich für die Uhren interessiert, muss aber nicht extra die Auffahrt zur Autobahn nehmen. Er oder sie kann sie auch bequem im Webshop von Nomos kaufen. Dort ist die Autobahn Director’s Cut Limited Edition bereits erhältlich.

© Holger Christmann