Patek Philippe

Abschied in Olivgrün

Patek Philippe stellt die begehrte Nautilus 5711 in Edelstahl ein. Zum Abschied der Dreizeigeruhr überrascht die Genfer Manufaktur mit einer Version mit olivgrünem Zifferblatt. Sie dürfte der Luxusuhr in Edelstahl noch einmal volle Wartelisten bescheren.

VON HOLGER CHRISTMANN
5. August 2021
Sportuhren-Ikone: Die Patek Philippe Nautilus war eine der ersten Luxusuhren in Edelstahl. Mit dem Modell 5711/1A-014 in Olivgrün läuft die begehrte Serie aus. Foto: Patek Philippe

Als im Januar 2021 durchsickerte, dass Patek Philippe die Produktion seiner Nautilus-Dreizeigeruhr in Edelstahl, die Referenz 5711, beendet, sandte die Nachricht Schockwellen durch die Uhrenwelt. Die Information nahm ihren Ausgang bei einem italienischen Konzessionär, der von Patek Philippe eine Liste der auslaufenden Modelle erhalten hatte und diese auf Instagram veröffentlichte. Der Übersicht war zu entnehmen, dass die Genfer Marke ihr weltweit gefragtestes Modell einstellt. Zum Abschied produziert Patek eine letzte Serie der 5711 in Olivgrün. Schon wenige Monate nach der Vorstellung auf der Messe Watches and Wonders wird sie hoch gehandelt. Auf einer Auktion von Antiquorum in Monaco erzielte die Nautilus in Olivgrün am 21. Juli einen spektakulären Preis, worauf wir weiter unten noch zurückkommen.

Das Zifferblatt ist mit Sonnenschliff-Finish dekoriert. Auf Lünette, Gehäuse und Armband wechseln sich satinierte und polierte Oberflächen ab. 55 Veredelungsschritte von Hand durchläuft jede Nautilus. Sie betreffen auch das Uhrwerk, das durch den gläsernen Gehäuseboden zu sehen ist. Foto: Patek Philippe

Die Veredelung der Luxus-Sportuhr ist gewohnt aufwändig. Das grüne Zifferblatt wurde mit Sonnenschliff-Finish dekoriert. Satinierte und polierte Finissagen auf Lünette, Gehäuse und Armband spielen gekonnt mit dem einfallenden Licht. Angetrieben wird die Uhr vom Automatikwerk Kaliber 26-330 S C, das die 5711 seit 2019 in Bewegung setzt. Gegenüber dem Vorgänger wurde das Aufzugssystem verbessert. Außerdem verfügt es über einen Sekundenstopp-Mechanismus, der es ermöglicht, die Uhr auf die Sekunde genau einzustellen. Durch den Saphirglasboden lässt sich das  makellos veredelte Uhrwerk betrachten. Das Gehäuse ist bis 120 Meter Tiefe wasserdicht. Patek teilt mit, dass die neue Referenz 5711/1A-014 mit dem olivgrünen Zifferblatt die Referenz 5711/1A-010 mit blau-schwarz abgestuftem Zifferblatt in diesem Jahr ersetzen wird. Auf der Internetseite wird Letztere schon nicht mehr angezeigt.

Das abgerundete Achteck des Gehäuses und die horizontale Streifenprägung des Zifferblatts machen sie zur Design-Ikone: Patek Philippe Nautilus. Foto: Patek Philippe

Zu erwähnen wäre noch, dass die Stahluhr auch mit Baguette-Diamanten in der Lünette angeboten wird. Man würde zu den Diamanten eher ein Gehäuse in Weißgold erwarten. Es ist aber anzunehmen, dass auch diese Kombination gefragt sein wird. Das Modell mit Diamanten kommt für  81 620 Euro in den Handel, das Basismodell kostet 30 100 Euro.

Jenseits von Edelstahl kommen zwei weitere Versionen auf den Markt: die Referenz 5990/1 Nautilus Travel Time Chronograph in Roségold mit blauem Sonnenschliff-Zifferblatt und eine Nautilus Haute Joaillerie mit einer Volldiamanten-Pavé-Fassung. Während die goldenen Modelle fortleben werden, ist nun zumindest für die beliebte Edelstahlversion 5711-1A-010 zum Jahresende Schluss.

Die Alternative mit Baguette-Diamanten, auch sie im Edelstahlgehäuse. Foto: Patek Philippe

Warum stellt Patek ausgerechnet seine legendäre Stahl-Sportuhr ein? Als die Firma die Nautilus 1976 lancierte, war sie als Luxusuhr „für den aktiven Lebensstil“ gedacht und bewusst in Edelstahl eingeschalt. Vorher hatte Audemars Piguet mit der Royal Oak erstmals eine Luxusuhr in Edelstahl auf den Markt gebracht und damit für die jüngere Generation eine progressive Alternative zur konservativen Golduhr geschaffen. Noch bevor die Royal Oak ihren Durchbruch erlebte, erkannte auch Patek den gesellschaftlichen Wandel und heuerte für die Nautilus den Designer der Royal Oak, Gerald Genta, an. Der variierte bei der Nautilus sein Lieblingsmotiv, das Achteck, dessen Kanten er für die Nautilus sanft abrundete. Ihr letztes Update erhielt die Edelstahlserie der Nautilus-Kollektion 2010 mit der Referenz 5711/1A-010 in blau-schwarzem Zifferblatt, gefolgt von einem silbern-weißem Zifferblatt (Referenz 5711/1A-011).

Ihren Namen verdankt die Uhr dem gleichnamigen Tauchschiff aus Jules Vernes Roman 20 000 Meilen unter dem Meer. Ihr Gehäuse ist von einem Bullauge inspiriert. Neben dem Zifferblatt mit seiner Prägung wurde das integrierte Stahlarmband mit außenliegenden Gliedern, die sich zur Schließe hin verjüngen, zu ihrem Merkmal. Die Nautilus verkörpert Casual Chic und suggeriert Lässigkeit und Erfolg.

Erstaunlich flach wirkt die Patek Philippe Nautilus von der Seite. Die Krone ziert das Lilien-Kreuz des Calatrava-Ordens, eines spanischen Ritterordens des Hochmittelalters. Foto: Patek Philippe

Die hohe Nachfrage zeigte sich in langen Wartelisten und Preisen auf dem Sekundärmarkt, die dreifach über dem Neupreis lagen. Von diesen Preisen profitierte eher der Graumarkt als der Hersteller. Dieser ungesunden Entwicklung zu begegnen, dürfte für die Schweizer ein Grund gewesen sein, die Uhr einzustellen. Erreicht hat die Marke aber erstmal das Gegenteil. Einer der ersten Käufer der grünen Stahluhr lieferte sie sogleich beim Auktionshaus Antiquorum ein. Auf der Versteigerung in Monaco wechselte die Uhr am 21. Juli für stolze 416 000 Euro inklusive Aufgeld den Besitzer. Das Auktionshaus bezeichnet das Modell als derzeit „heißeste Uhr“ auf dem Markt. Ob sich der Nautilus-Hype doch noch abkühlt, wird man sehen.

Patek-Chef Thierry Stern erklärte in der Neuen Zürcher Zeitung, warum er die Referenz auslaufen lässt: Er wolle nicht, dass ein einziges Modell „plötzlich 50 Prozent oder mehr unserer Kollektion ausmacht und das Image von Patek dominiert. Es ist uns in der Vergangenheit auch schon passiert, dass wir zu viele Exemplare von einem Modell produziert haben, und ich wollte nicht, dass dies noch einmal geschieht“, sagte er dem Blatt. „Über Stückzahlen von einzelnen Modellen reden wir nicht, aber ich will nicht, dass wir mehr als einen Drittel Stahluhren haben. Die Stahl-Nautilus macht einen grossen Teil dieser Quote aus, und das mag ich nicht“, räumt Stern offen ein. Es sei ihm wichtig, „bei den Materialien die Balance zu halten und auch Uhren herzustellen, die in Gold oder Platin überzeugen“.

Volle Wartelisten garantiert: die vorerst letzten Nautilus-Modelle in Edelstahl. Der Preis für die Version mit Diamanten beträgt 81 620 Euro, das Basismodell kostet 30 100 Euro. Foto: Patek Philippe

Patek Philippe produziert rund 60 000 Uhren pro Jahr, die sich auf viele verschiedene Modelle aufteilen. Es ist daher laut Stern unmöglich, die Edelstahl-Nautilus in einer Stückzahl herzustellen, die der Nachfrage entspricht. „Schließlich möchte niemand ernsthaft, dass ich die Nautilus-Produktion auf Kosten der Qualität stark erhöhe, nur um etwas mehr Geld zu verdienen“, erläutert der Mitinhaber.  Er ergänzt: „Zudem erlaubt das Einstellen eines Modells, wieder etwas Neues zu machen. Wir dürfen uns nicht einfach ausruhen, sondern müssen uns weiterentwickeln und die Leute immer wieder neu beeindrucken.“ Wann mit einem Nachfolgemodell der 5711 zu rechnen ist, verrät er noch nicht. „Das haben wir ehrlich gesagt intern noch nicht fertig ausdiskutiert. Es gibt noch kleine Details, über die ich nachdenke, denn wenn man eine neue Uhr lanciert, sollte die auch immer noch etwas besser sein, auch wenn es nur kleine Details sind.“

Das Versprechen allein dürfte dafür sorgen, dass Patek-Fans in aller Welt gespannt auf die nächsten Bekanntgaben warten. Die sollen dann wieder direkt vom Hersteller kommen, nicht durchgestochen von einem Händler.

© Holger Christmann

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