Schon vor dem Besuch der Kulturministerin hatte Johnson einen Artikel für die Club-Zeitschrift Debate verfasst. Ihn hatte Andritsopoulos schon früher in den Archiven gefunden und veröffentlicht. Hier polterte Johnson, Lord Elgin habe die „Beinahe-Anarchie“ des Vasallenstatus‘ des Landes ausgenutzt, um die Schätze aus dem Tempel „sägen und hacken“ zu lassen.
Dem Auftritt Melina Mercouris im Oxford Club schloss sich eine Debatte an, deren Verlauf, so Andritsopoulos, „auf mysteriöse Weise“ verschwunden sei. „Ich habe in den Archiven verschiedener Bibliotheken in Oxford nach ihnen gesucht, aber ohne Erfolg“. „Wem könnte ihr Verschwinden nützen?“, fragt der Journalist.
Seine Beamten in Downing Street, die Kummer gewohnt sind, bring der Noch-Premierminister mit dieser Enthüllung nicht zum ersten Mal in Verlegenheit. Sie erklären Johnsons leidenschaftliche Epistel damit, dass er sie in einem „Anflug momentanen Überschwangs“ – „in a fit of momentary exuberance“ – verfasst habe.
Für Johnson-typische Heiterkeit sorgt ein anderes Schreiben des Studenten an den Presseattaché der griechischen Botschaft, das Yannis Andritsopoulos ebenfalls in den Oxforder Archiven gefunden hat. Darin kündigte Johnson für den Vorabend des Besuchs Melina Mercouris eine „große und prächtige Party“ an. „Um die Sache in Schwung zu bringen, sind wir auf der Suche nach billigem Ouzo und Retsina“, schrieb Johnson. „Mir wurde gesagt, dass es vielleicht möglich ist, sie über die Botschaft zu bekommen. Könnten Sie mir vielleicht einen Rat geben?“
Wie geht es nun weiter mit den Elgin Marbles? Das British Museum beruft sich darauf, deren rechtmäßiger Eigentümer zu sein. 2015 plante die griechische Regierung, diesen Anspruch vor einem internationalen Gericht prüfen zu lassen. Die Rechtsanwältin Amal Alamuddin – heute Amal Clooney –, eine Spezialistin für internationales Recht, besuchte Athen und bot an, Griechenland zu verteidigen. Ein Gutachten kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Erfolgsaussichten für Griechenland gering seien. Die Regierung nahm daraufhin von einem Engagement Alamuddins Abstand. Der Schauspieler schwärmte später, es seien auch die tiefgründigen Gespräche mit ihr über die Marbles gewesen, die ihn an seiner zukünftigen Frau fasziniert hätten. Was ihn nicht davon abhielt, die Kunstwerke in einer Pressekonferenz in Berlin mehrmals als Pantheon-Marbles zu bezeichnen.
Lange konnte Großbritannien darauf verweisen, dass Athen keinen würdigen Standort für die Kunstwerke besaß. Am 20. Juni 2009 eröffnete in Athen indes das neue Akropolis-Museum – ein Vermächtnis der kämpferischen Melina Mercouri. Die lichtdurchfluteten Hallen aus Beton, Glas und Marmor nach einem Entwurf des Schweizer Architekten Bernard Tschumi machte diesen Einwand obsolet. Tschumi installierte auf dem Dach des Museums eine eigene Galerie, welche die Dimensionen der Cella des Parthenon-Tempels nachahmt. An ihm wurde die griechische Hälfte der Kunstwerke angebracht. Die Lücken wurden durch Gipfsabgüsse Londoner und anderer Originale ergänzt. Die sind an ihrer strahlend weißen Farbe zu erkennen, während die Originale mit Patina überzogen sind.